Der Friede kommt wie ein neugeborenes Kind

12. 1. 2009 15:18
Das "Wort zum Sonntag" zum Thema "Der Friede kommt wie ein neugeborenes Kind" vom 10. Januar 2009 wurde von Verena Maria Kitz gesprochen.
 
 
  Das "Wort zum Sonntag" vom 10.01.2009
 
     
  Der Friede kommt wie ein neugeborenes Kind

Es ist zum Verzweifeln. Der 24. Dezember, die Heilige Nacht, ist gerade vorbei gewesen, das Fest, das soviel Sehnsucht nach Frieden und Harmonie weckt. Da bricht im Heiligen Land schon wieder der Krieg los, mit allem, was Krieg bedeutet: Die palästinensische Hamas feuert auf Israel, die Israelis marschieren in Gaza ein: Raketen, Bomben, hunderte Tote, tausende Verletzte. Kinder, Alte, Frauen, Männer haben Angst, frieren, hungern, sind verzweifelt und panisch – auf beiden Seiten.

Das alles geschieht, während wir die letzten Plätzchen essen und die märchenhaft schöne Weihnachtsbotschaft noch nachklingt: Ehre sei Gott in der Höhe und Friede auf Erden! Das klingt absurd, zynisch, wenn ich diese Nachrichtenbilder sehe: Ein schwer verletztes Kind in den Armen seines Vaters, ein Säugling, umklammert von seiner Mutter, die durch die brennenden Straßen rennt, wie irr nach Schutz und Hilfe sucht, die es nicht gibt. Trotzdem: Für mich hat das, was ich da an Heiligabend gefeiert habe, genau mit diesen Kindern zu tun. Der Friede kommt auch an Weihnachten nicht als waffenklirrende, unbesiegbare Supermacht in die Welt. Der Friede kommt als Kind, als Neugeborenes, ausgeliefert und schutzbedürftig, wie die Kinder in den Nachrichtenbildern. Das ist ein Bild, das mich aufrüttelt, das mir ganz viel über den Frieden sagt.

Ich habe selbst drei Kinder, und wenn sie auch, Gott sei Dank, in einer sicheren Umgebung, geboren sind: Ich erlebe an ihnen doch Tag für Tag, was ein Kind braucht und was nicht. Ein neugeborenes Kind ist in allem auf andere angewiesen, total schutzbedürftig. Es kann nur überleben, wenn jemand rund um die Uhr die Verantwortung übernimmt, sich kümmert. Bei aller Freude, die es bringt: Das kostet auch ganz schön Kraft und Nerven, es verändert das Leben grundlegend. Bei einem Kind kann ich mit Gewalt überhaupt nichts Gutes bewirken. Natürlich muss es auch Grenzen kennen lernen, aber es muss dabei spüren: Ich hab dich lieb, ich meine es gut mit dir und nicht: Ich will dich kleinkriegen! Und: Jedes Kind ist anders, es entwickelt sich nicht nach meinem Plan. Ich brauche Neugier und Phantasie, natürlich auch Geduld, damit ich die Signale des Kindes, seine Sprache verstehen kann. Und gute Ideen, wie ich mich selber ausdrücken kann – so lernen wir hoffentlich uns zu verstehen, finden eine gemeinsame Sprache. Wenn ich mit einem Kind so umgehe, dann kann es wachsen, hoffentlich irgendwann auf eigenen Beinen stehen, vielleicht die Welt verändern.

Genau so ist es auch mit dem Frieden. Es gibt die Chance auf Frieden, jeden Tag, so wie auch in der Hölle von Gaza und in Israel und überall auf der Welt jeden Tag neu Kinder geboren werden. Nur: Er fällt nicht fix und fertig vom Himmel, so sehr ich mir das wünsche. Frieden kann wachsen, wenn Menschen bereit sind, ihn aufzunehmen und sich für ihn abzumühen wie für ein Kind. Ich kann ihn nicht mit Gewalt durchsetzen, das geht nicht, wie bei den Kindern. Und: Ich muss aufmerksam und wach sein, auch für die kleinen unscheinbaren Signale des Friedens, bereit zum Reden und Hören, bereit für eine neue Sprache.

Wenn ich mich für den Frieden so einsetze wie für eines meiner Kinder, wenn Menschen sich so für den Frieden einsetzen und nach politischen Lösungen suchen: behutsam und einfühlsam, aber auch mit Kraft und Leidenschaft, mit einer Liebe, die niemals aufgibt: Dann kann der Frieden wachsen und die Welt verändern.
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Komentáře

katerzina

Vielen Dank, marosino und alle anderen:)

Pavel Pohorský (borisecek)

ad Cinik: kazdej neni dokonalej, aby umel jazyky...ale myslim ze tenhle prekladac je minimalne pro anglictinu vybornej...

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Autor blogu Grafická šablona Nuvio